Nachgedachtes

 

Die Demonstrationen im Land gehen weiter, der Schock über den Tabubruch der Unionsparteien sitzt tief. Und der Angesprochene, CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz zeigt keinerlei Einsicht. Im Gegenteil – er sieht in der Kritik seiner politischen Wettbewerber und von uns, den demonstrierenden Bürgern nichts als wahltaktische Gründe.

 

Ja, das ganze unwürdige Spiel war ein wahltaktisches Manöver und der Versuch einer Machtdemonstration seitens der CDU-Führung. Die Botschaft an die demokratischen Parteien: Mit uns kann man nicht verhandeln. Entweder ihr stimmt uns zu, oder wir besorgen uns die Mehrheit bei jenen Kräften, die unsere demokratischen Grundwerte mit Füßen treten. Schließlich ging es bei den Abstimmungen nicht um kurzfristig umsetzbare, unverhandelbare Themen. Der eingereichte (und mit der AfD angenommene) Entschließungsantrag hat keine bindende Wirkung und kann in der verbleibenden Regierungszeit eh nicht umgesetzt werden. Bei dem eingereichten und abgelehnten Gesetzentwurf war ohnehin klar, dass dieser keinerlei Chancen hatte, vom Bundesrat bestätigt zu werden. Unions-Ministerpräsidenten wie Günther und Wegner hatten sich bereits im Vorfeld klar davon distanziert. Zu offensichtlich war, dass der Gesetzestext vor dem Bundesverfassungsgericht und dem EuGH keinen Bestand haben würde.

 

Wer nur ein wenig zwischen den Zeilen zu lesen versteht, wird die 'Botschaft hinter der Botschaft' zu deuten wissen. Genauso wird sich die Union bei der Gestaltung eines Koalitionsvertrages nach der Bundestagswahl verhalten. Sie gibt die Marschrichtung vor und die möglichen Partner haben diese zu akzeptieren. Für die SPD würde das heißen, dass sie einen Kahlschlag in der Sozialpolitik zu akzeptieren hätte. Bündnis90/Die Grünen würde man zumuten, den Umweltschutz drastisch zu reduzieren.

 

Möglicherweise konnte Merz als CEO einer großen Investmentgruppe so agieren. In der Politik sind aber Brückenbauer, Netzwerker und kompromissfähige Führungspersönlichkeiten gefragt.

 

Die Ereignisse in Österreich haben uns gelehrt, dass trotz gegenteiliger Beteuerungen alle Optionen zum Machterhalt denkbar sind und auch genutzt werden. Schließlich hat man in der Union vermutlich auch längst realisiert, dass das Führungspersonal austauschbar ist.